Praxisanleiter*in bei der tandem BTL

Erstellt

Thema Fortbildungen

von Barbara Brecht-Hadraschek

Johann Schellenberg und Christina Hinze im Gespräch über die berufsbegleitende Teilzeitausbildung der Erzieher*innen
Christina Hinze im Gespräch mit Johann Schellenberg

Johann Schellenberg, Einrichtungsleiter in der Ergänzenden Förderung und Betreuung (EFöB) der Charlotte Pfeffer-Schule und Redaktionsmitglied, hat sich mit zwei Kolleg*innen getroffen, die bei tandem die wichtige Aufgabe der Anleiterin übernommen haben. Evelin Giese ist Einrichtungsleiterin in der Kita ZAK.  In ihrem Team sind zurzeit zwei Erzieherinnen in Ausbildung. Christina Hinze ist Erzieherin und Anleiterin einer Auszubildenden in der EFöB an der Wedding-Grundschule in Berlin Wedding.

Redaktion: Wann haben Sie sich beide entschieden, Anleiterin zu werden?

Christina Hinze: Bei mir fing das schon recht früh an, direkt nach meiner Ausbildung bin ich in einem Waldorfkindergarten in Neukölln in die Funktion einer Gruppenleitung gekommen, und da hatte ich gleich meine erste Auszubildende, die ich angeleitet habe. Das hat sich dann Jahr für Jahr fortgeführt – seit ich im Beruf stehe, das sind jetzt 9 Jahre, leite ich jedes Jahr eine Auszubildende an. Auch in unterschiedlicher Funktion, manche sind Vollzeitstudierende, die habe ich dann meistens im Anerkennungsjahr begleitet. Oder solche, die im ersten Ausbildungsjahr waren. Jetzt habe ich eine Auszubildende, die macht die berufsgleitende Ausbildung und ist im ersten Jahr drei Tage hier und zwei Tage in der Schule.

Evelin Giese: Bei mir hat es sich aus der Notwendigkeit ergeben, dass ich die Funktion der Anleitung einer Auszubildenden übernommen habe. In unserem Team haben wir jetzt zwei Auszubildende, eine Auszubildende wird von mir angeleitet, eine Kollegin übernimmt die Anleitung der zweiten Auszubildenden.

Redaktion: Welche Voraussetzungen sollte man aus Ihrer Sicht als Anleiter*in mitbringen?

Evelin Giese: In jedem Fall ist Berufserfahrung zwingend notwendig, um Mitarbeiter*innen in Ausbildung fachgerecht anzuleiten. Man sollte Verständnis für die Situation der Auszubildenden haben, da die Belastung mit der Arbeit in der Kindertagesstätte und parallel der Berufsschule sehr hoch ist. Die Auszubildenden leisten sehr viel für relativ wenig Geld. Eine qualifizierte Fortbildung ist ebenfalls sehr hilfreich, um auch theoretisch und fachlich für die Anleitung von Auszubildenden ausgebildet zu werden. Tandem bietet diese sehr gute Fortbildung für die Mitarbeiter*innen regelmäßig an.

Christina Hinze:  Neben den formalen Voraussetzungen muss man es sich selbst auch zutrauen, man muss sicher sein, in dem was man tut – und auch Spaß haben beim Anleiten, Wissen vermitteln, sich Zeit nehmen für Gespräche, Reflektion – und man muss sich trauen, auch mal Kritik zu äußern– und auch loben können.

Redaktion: Wie leiten Sie konkret in der Praxis an?

Evelin Giese: Es gibt eine ganz klare Struktur. Ich treffe mich mit meiner Auszubildenden mindestens einmal pro Woche für eine Stunde und bespreche alle relevanten Themen der letzten Woche und werte die pädagogische Arbeit und die theoretischen Berufsschulinhalte aus. Zur Anleitung gehören aber auch die Teamsitzungen, an denen die Auszubildenden teilnehmen sowie Hospitationen in der Gruppenarbeit und regelmäßige Feedback-Gespräche. Auch der Ausbildungsplan, der den Auszubildenden als Orientierung dient, wird regelmäßig gemeinsam besprochen.

Christina Hinze:  Meine Auszubildende, wenn sie in der Praxis ist, läuft bei mir mit. Das heißt, wir arbeiten zu zweit Hand in Hand. Mir ist es dabei ganz wichtig, dass die Auszubildende sich nicht zurücklehnt und denkt, ok, ich habe ja hier noch eine Anleitung, die übernimmt die Hauptverantwortung, und ich spiel hier schön mit den Kindern. Ich betrachte meine Auszubildende von Anfang an als gleichwertiges Teammitglied. Wir arbeiten im Team zusammen, ich überlasse ihr Verantwortung und beobachte sie im Alltag: Wie geht sie mit den Kindern um, wie ist ihre Kommunikation, wie ist ihre Grundhaltung und das reflektieren wir einmal die Woche eine Stunde.

Redaktion: Was haben Sie für Erfahrungen bezüglich der theoretischen Ausbildungsinhalte gemacht?

Evelin Giese: Die Auszubildenden sind immer auf dem neuesten Stand der theoretischen pädagogischen Entwicklungen und bringen regelmäßig neue Ideen von der Berufsschule mit. Ein Team kann davon profitieren. Auch Themen und Projekte werden so von den Auszubildenden in die tägliche Arbeit eingebaut. Es sind aber auch nicht alle theoretischen Inhalte in der Praxis umsetzbar.

Christina Hinze:  Da meine jetzige Auszubildende im ersten Jahr ist, lernt sie gerade die Grundthemen – und da können wir hier sehr gut ansetzen. Sie hat z.B. aus der Schule die Aufgabe mit auf den Weg bekommen, dass sie im Kunstbereich kleine Angebote machen soll – und da ist es egal, ob das Kita- oder EFöB-Bereich ist. Das ist sehr gut umsetzbar und wir passen es dann einfach hier dem Klientel an. Wir schauen, was können die Kinder hier leisten, ist das mit der Schule vereinbar – und dann suchen wir uns unseren Weg. Wenn ich das Gefühl habe, dass die Berufsschule Dinge vermittelt, die meiner Ansicht nach hier schwer umzusetzen sind, dann reden wir darüber. Ich gebe dann eher die Aufgabe: „Frag doch bitte in der Schule nochmal nach, bei uns sieht das so aus, wo sehen die Lehrer*innen da Möglichkeiten für uns?“ Aber eigentlich lässt sich das insgesamt sehr gut miteinander vereinbaren.

Redaktion: Was sind die Vorteile der berufsbegleitenden Ausbildung?

Evelin Giese: Ein riesiger Vorteil ist die menschliche Begleitung. Die Mitarbeiter*innen in Ausbildung haben ständig einen festen Bezug zu den Kindern, dem Team und der Arbeitssituation vor Ort und lernen alles von der Pike auf. Die Arbeit an der Basis ist für das pädagogische Lernen in der Berufsschule sehr von Vorteil. Die Kolleg*innen der berufsbegleitenden Ausbildungen sind nach dem Abschluss deutlich besser ausgebildet. Die Menschen, die sich im Lebensalltag für die berufsbegleitende Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin entscheiden, treffen eine viel bewusstere Entscheidung, da sie mit der Arbeitsrealität über die gesamte Zeit konfrontiert sind und diese Erfahrungen in ihrem Bildungsprozess aufnehmen und verarbeiten.

Redaktion: Würden Sie beide Auszubildenden gern nach erfolgreicher Ausbildung als Fachkräfte in Ihrem Team haben?

Evelin Giese: Ja, ich würde mir sehr wünschen, dass beide nach Abschluss ihrer Berufsausbildung unser Team als fähige Fachkräfte unterstützen.

Redaktion: Liebe Kolleginnen, ich danke für das Gespräch.

Das Interview führte Johann Schellenberg.

Dieser Artikel erschien auch in unserem tandem MAGAZIN Ausgabe 4/2019. Das ganze Heft können Sie hier kostenlos herunterladen.

Lesen Sie außerdem unseren Artikel zum Thema "Berufsbegleitende Teilzeitausbildung als Erzieher*in" und das Interview mit einem Erzieher in Ausbildung an einem Förderzentrum.


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